Zytogenetische Diagnostik
Durch eine zytogenetische Diagnostik, also durch die mikroskopische Analyse der Chromosomen, wird der Karyotyp des Menschen dargestellt. Der Karyotyp eines chromosomal unauffälligen Menschen umfasst 46 Chromosomen: 22 Autosomenpaare und zwei Geschlechtschromosomen / Gonosomen (weiblicher Karyotyp: 46,XX, männlicher Karyotyp: 46,XY). Jeweils ein Chromosom eines Paares stammt von der Mutter und eins vom Vater. Chromosomen bestehen hauptsächlich aus DNA, d. h. sie sind Träger der Gene und damit der Erbinformation in Form von ungefähr 3 Milliarden Basenpaaren. Durch eine Analyse der Chromosomen werden Veränderungen in der Zahl und der Struktur der Chromosomen untersucht.
Eine Darstellung der Chromosomen ist nur während der Zellteilung in der Metaphase möglich, da sie sich nur dann in ausreichend kondensiertem Zustand befinden. Für eine Chromosomenanalyse werden also teilungsfähige Zellen benötigt. Untersuchungsmaterial sind entweder Lymphozyten des Blutes (Postnatal-Diagnostik) oder Amnion-, Chorionzotten- oder fetale Blutzellen (Pränataldiagnostik). Auch eine Darstellung aus fetalem Abortgewebe ist möglich. Bei speziellen Fragestellungen kann auch eine Analyse von Fibroblasten z.B. aus einer Hautbiopsie erfolgen.
Um die Chromosomen analysieren zu können, werden die Zellen erst in Kultur gebracht und nach Präparation für die Karyotypisierung gefärbt (z.B. GTG-Bänderung). Die Untersuchung erfolgt lichtmikroskopisch. Mindestens zehn Metaphasen werden numerisch ausgewertet, aus mindestens fünf Metaphasen werden sog. Karyogramme (schematische Anordnung der Chromosomen) angefertigt, so dass die Chromosomen auch strukturell begutachtet werden können.
Unauffälliger männlicher Karyotyp: 46,XY
Numerische Veränderungen der Chromosomen liegen meist als sogenannte Aneuploidien vor, bei denen einzelne Chromosomen fehlen oder zusätzlich vorliegen. Liegt ein Chromosom dreifach vor, spricht man von einer Trisomie. Bei Monosomien liegt nur ein Chromosom eines Paares vor.
Beispiele für lebensfähige Aneuploidien sind: Trisomie 21 (Down-Syndrom), Trisomie 13 (Pätau-Syndrom), Trisomie 18 (Edwards-Syndrom), der Karyotyp 47,XXY (Klinefelter-Syndrom) und der Karyotyp 45,X (Ullrich-Turner-Syndrom).
Bei einer Triploidie oder Tetraploidie liegt der komplette Chromosomensatz drei- bzw. vierfach vor.
Strukturelle Veränderungen der Chromosomen sind Veränderungen im Chromosomenbau innerhalb eines Chromosom (z. B. Inversion, Deletion, Duplikation) oder zwischen verschiedenen Chromosomen (z. B. Translokation). Inversionen und Translokationen sind in der Regel sog. balancierte Veränderungen, bei denen keine quantitative Störung vorliegt und die in der Regel keine Auswirkung auf den Träger haben. Sie können jedoch z.B. zu unerfülltem Kinderwunsch oder gehäuften Spontanaborten führen. Bei Duplikationen (zusätzlich vorliegendes genetisches Material) und Deletionen (fehlendes genetisches Material) ist eine quantitative Veränderung vorhanden, die in der Regel Auswirkung auf den Phänotyp des Trägers selbst hat. Durch Karyotypanalyse können Duplikationen oder Verluste in einer Größe von ca. 5 – 10 Millionen Basenpaaren (5 – 10 Megabasen, Mb) nachgewiesen werden.
Kleinere Veränderungen der Chromosomen können durch die Karyotypanalyse nicht erfasst werden. Bei Verdacht können solche sogenannten Mikrodeletionen und Mikroduplikationen gezielt durch Fluoreszenz-in situ-Hybridisierung / FISH oder MLPA abgeklärt werden. Bei unspezifischerem Verdacht auf eine kleine unbalancierte Chromosomenstörung kann bei bestimmten Fragestellungen wie Entwicklungsverzögerung / Intelligenzminderung oder multiplen Fehlbildungen und Dysmorphiezeichen alle Chromosomen gleichzeitig durch eine hochauflösende molekulare Karyotypisierung (DNA-Array-Diagnostik) auf Mikrodeletionen und Mikroduplikationen untersucht werden.
Unsere zytogenetischen Laborleistungen umfassen pränatale und postnatale Chromosomendiagnostik.
Hinweise zur Probeneinsendung zur zytogenetischen und molekular-zytogenetischen Diagnostik
Versand bitte sofort (nicht über ein Wochenende), Kühlung nicht notwendig!
Alle Proben bitte mit vollständig ausgefülltem Anforderungsschein Zytogenetik versenden (Seite 1 und 2 wird vom einsendenden Arzt, Seite 3 und 4 vom Patienten ausgefüllt)
Bitte beschriften Sie jedes Probengefäß mit Namen, Vornamen und Geburtsdatum des Patienten.
Unser Handbuch zur Primärprobenentnahme finden Sie hier: Handbuch Primärprobenentnahme
Postnatal
Lymphozyten
Ca. 5-10 ml heparinisiertes Vollblut (2-3 ml bei Neugeborenen) z. B. in einer Li-Heparin-Monovette der Firma Sarstedt
Fibroblasten
Hautstanze mit ca. 1 – 2 mm Kantenlänge in steriler physiologischer Kochsalzlösung
Abortgewebe
Mindestens 15 bis 20 mg frisches, nicht fixiertes Chorionzottengewebe und/oder Achillessehne und/oder Nabelschnur in steriler physiologischer Kochsalzlösung
Pränatal
Alle pränatalen Proben bitte telefonisch anmelden unter:
+49 (0)228-287/51058 oder 51059
Fruchtwasser
15 bis 20 ml steril entnommenes Fruchtwasser. Wir führen in unserem Labor keine AFP-Bestimmungen durch.
Chorionzotten
15 bis 20 mg Chorionzottengewebe für zytogenetische Untersuchung (mindestens 30 mg, wenn eine zusätzliche molekulargenetische Untersuchung durchgeführt werden soll) in sterilem Transportmedium (z.B. Ham’s F10) versenden. Gerne stellen wir Ihnen entsprechende Entnahmeröhrchen zur Verfügung.
Nabelschnurblut
0,7 bis 1,5 ml heparinisiertes Blut aus der Nabelschnurvene
Beizufügende Anlagen:
- Anforderungsschein Zytogenetik (einschließlich Einwilligungserklärung und Aufklärung gemäß GenDG)
- Überweisungssschein (Vordruck 10, Auftrag: “Humangenetische Untersuchung bei V. a. Chromosomenstörung“)
Dauer der Untersuchungen
Pränatal
Chorionzotten: Direktpräparation / Kurzzeitkultur: 1 Tag, Langzeitkultur: ca. 2 Wochen
Fruchtwasser:
- FISH-Schnelltest: 1 Tag,
- Langzeitkultur: i.d.R. 10-14 Tage
Nabelschnurblut: 5-8 Tage
Postnatal
3-8 Wochen (Diagnostik von Neugeborenen und eiligen Fällen i.d.R. 5-9 Tage) nach Probeneingang
Unsere Mitarbeiter
Dr. rer. nat. Hartmut Engels
E-Mail: hartmut.engels@uni-bonn.de
Dr. rer. nat. Jelena Maric-Biresev
E-Mail: jelena.Maric-Biresev@ukbonn.de